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Linde mischt mit seinem Abschied den DAX auf, die Commerzbank rückt wohl nach, SAP steigt wieder zur Nummer 1 auf und Rheinmetall hat das Nachsehen

Noch ist Linde das wertvollste Unternehmen im DAX, was aber nicht mehr lange so bleiben wird. Per Ende Februar wird das Unternehmen aus dem hiesigen Leitindex ausscheiden, was das Unternehmen sich von den Anlegern bereits hat absegnen lassen. Mit dem Abschied wird der Index neu gemischt, und die Auswirkungen davon zeichnen sich immer klarer ab.

So richtig glücklich ist mit dem Vorhaben von Linde LLIN längst nicht jeder. Kritiker werfen dem Konzern eine schleichende Amerikanisierung vor, die von langer Hand geplant gewesen sei. Die Linde-Aktie hatte aber darunter bisher kaum zu leiden. Das Papier bewegte sich zuletzt bevorzugt seitwärts und kann auf Monatssicht sogar auf einen leichten Kursgewinn blicken.

Tatsächlich ändert sich für Linde fundamental auch erst einmal wenig und die Geschäfte dürften trotz Inflation und den vielen Krisen unserer Zeit weiterhin blendend laufen. Der DAX wird aber durch den Weggang in jedem Fall geschwächt und die Linde-Aktie wird auch aus manchem ETF herausfliegen. Wirklich Gedanken machen sich darüber aber offensichtlich nur die Wenigsten.

Die Commerzbank steht in den Startlöchern

Die Commerzbank CBK hat derweil ihre Chance gewittert und sich in Stellung gebracht, um am 27. Februar ihre Rückkehr in den DAX zu feiern. Sehr zügig veröffentliche die Bank kürzlich vorläufige Ergebnisse für das vergangenen Jahr. Mit einem Milliardengewinn konnten so die Anforderungen für einen DAX-Aufstieg in letzter Minute noch eben so erfüllt werden. Gegenüber der „FAZ“ bestätigte die Deutsche Börse DB1 auch bereits, dass die Angaben noch püntklich veröffentlich wurden.

Die endgültige Entscheidung muss noch getroffen werden, doch an den Märkten gilt der DAX-Aufstieg der Commerzbank schon mehr oder weniger als beschlossene Sache. Das jüngste Indiz dafür ist ein Ranking der nach Marktkapitalisierung wertvollsten deutschen Unternehmen, die nicht im DAX notiert sind. Veröffentlicht wurde jenes am Freitag von der Deutschen Börse und die Commerzbank belegt darin mit einigem Abstand den ersten Platz. Die Anleger freuts und die Commerzbank-Aktie konnte auf Wochensicht um 3,9 Prozent zulegen.

SAP zurück auf dem Thron

Profiteur des Linde-Abschieds ist auch SAP SAP. Der Software-Konzern hat zwar mit so einigen Problemen zu kämpfen und droht den Anschluss an die immer stärkere Konkurrenz zu verlieren. Doch zunächst wird SAP wieder zum wertvollsten DAX-Unternehmen aufsteigen und damit zumindest einen Prestigesieg erringen, auch wenn der Index insgesamt spürbar geschwächt sein wird.

Dessen ungeachtet hilft die Aussicht auf einen solchen Status der SAP-Aktie sichtlich weiter, da damit einher auch eine wahrscheinlich neue Gewichtung bei DAX-ETFs gehen dürfte. In den letzten fünf Tagen gönnten die Bullen dem Papier Aufschläge von knapp acht Prozent und mit 112,28 Euro notierte SAP an den Märkten so hoch wie seit rund einem Jahr nicht mehr.

Rheinmetall muss sich hinten anstellen

Gedrückter fällt die Laune bei den Aktionären von Rheinmetall RHM aus. Auch jene rechneten sich durchaus große Chancen auf einen DAX-Aufstieg aus, nicht zuletzt aufgrund zu erwartender Gewinnsprünge mit immer neuen Waffenlieferungen der westlichen Staaten an die Ukraine und die Hochrüstung diverser europäischer Armeen. Dieses Szenario muss aber mit den jüngsten Meldungen wohl in die Zukunft verschoben werden.

Der Rheinmetall-Aktie hat das nicht wirklich wehgetan und mit zuletzt 227,50 Euro per Handelsschluss am Freitag hat der Titel die jüngsten Höchststände urnd um 230 Euro weiterhin fest im Blick. Ein kleiner Dämpfer ist die indirekte Absage der Deutschen Börse aber schon in den Augen der Käufer. Immerhin erspart man sich mit dieser Entscheidung aber auch leidige Diskussionen darüber, ob ein Rüstungskonzern überhaupt im deutschen Leitindex vertreten sein darf. Zu diesem Thema dürfte jeder seine ganz eigene Meinung haben, weshalb es an dieser Stelle auch nicht weiter vertieft werden soll.

Chancen gibt es immer

Zweifellos beginnt für den DAX mit dem Abschied von Linde eine neue Ära. Für Anleger muss das aber nicht unbedingt eine schlechte Nachricht sein. Es kommt auf jeden Fall Bewegung in den Index und das bedeutet immer auch gewisse neue Chancen. Wie immer sind solche nicht ganz einfach zu erkennen und ohne Risiko können die Börsianer auf solche auch nicht setzen. Etwas gesunde Zuversicht verspricht aber stets größere Erfolgsaussichten, als einfach nur den Kopf in den Sand zu stecken und verpassten Gelegenheiten hinterherzutrauern. Aufmerksamkeit ist den Anlegerinnen und Anlegern in jedem Fall zu empfehlen und vielleicht ergeben sich in den nächsten Wochen einige Gelegenheiten, die es ohne den Linde-Abschied nicht gegeben hätte.

06.02.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler