Wie kann ich das Trading mit Leverage simulieren lassen?

Die Grundlagen

Alle Strategie-Scripts, die in Pine Script™ v4 oder in einer neueren Version verfasst wurden, unterstützen eine Handelssimulation mit Leverage, d. h., ein Darlehen von einem Broker, welches verwendet wird, um eine größere Position mit einer kleineren Menge an Anlagekapital zu eröffnen. 

 

Bei dem Leverage-Trading können Trader größere Order platzieren, als ihnen ihr Handelsguthaben normalerweise zulassen würde (insofern das Handelskonto in der Lage verbleibt, die benötigte Margin zu decken). 

 

HINWEIS: Das Leverage amplifiziert die potenziellen Profite und Verluste. Trader sollten bei der Verwendung eines Leverage Vorsicht walten lassen und die eigene Risikobereitschaft sorgfältig beurteilen, bevor sie ein Leverage in ihrem Live-Trading verwenden. 

 

Für Pine Script™ Strategien können Sie das Leverage, welches auf simulierte Long- und Short-Trades angewandt wird, in den Eingaben für "Margin für Long-Positionen" und "Margin für Short-Positionen" im Tab „Eigenschaften“ in den Script-Einstellungen bestimmen. Diese Eingaben bestimmen den Mindestprozentsatz eines benötigten Positionswerts entsprechend dem Handelsguthaben der Strategie, welche die Positionseröffnung und Unterhaltung simulieren soll.

 

Zum Beispiel: Eine "Margin für Long-Positionen" mit einem Wert von 20 % bedeutet, dass die Simulation benötigt, dass der erhältliche Kontostand einer Strategie 20 % einer Long-Position deckt, während die übrigen 80 % von einem emulierten Broker gedeckt werden. Da für eine Long-Position nur ein Fünftel des eigentlichen Werts von dem Handelskonto gedeckt werden muss, kann die Strategie Long-Positionen mit einem Wert von bis zu fünfmal des erhältlichen Handelsguthabens simulieren. Mit anderen Worten: Dieses Margin-Level (1:5) erhöht das Strategie-Leverage auf 5:1.

 

Wenn ein Handelsgeschäft mit diesem Margin-Level so viel Geld verlieren sollte, dass die Broker-Geldmittel gefährdet sind, dann wird der emulierte Broker einen Margin Call auslösen und einige der offenen Positionen zwangsliquidieren lassen, um mehr Kapital verfügbar zu machen. Sehen Sie sich die Abschnitte unten für weitere Informationen an. 

 

HINWEIS: Programmierer können die Margin-Werte in ihren Strategie-Scripts in den `margin_long` und `margin_short` Parametern der `strategy()` Funktion bestimmen. 

 

Die Details

Wenn ein Trader Geldmittel von einem Broker leiht, um seine Kaufkraft zu steigern, dann wird der Broker einen Mindestkapitalbetrag erfordern, der auf dem Handelskonto als Sicherheit verbleiben muss. Dies wird als die Margin bezeichnet. Mit anderen Worten: Die Margin ist der Positionsanteil, welchen der Trader mit seinem eigenen Anlagekapital decken muss, während der Broker den Rest aufbringt.

 

Die Margin, welche einem Handelsgeschäft zugewiesen wird, ist das Produkt des Marktwerts einer Position und der Margin-Quote (d. h., der Kehrwert des gewünschten Leverage).

 

Nehmen wir einmal an, dass der aktuelle EURUSD-Kurs bei 1,05 liegt, und wir möchten den Erwerb eines Standard-Lots (100.000 Einheiten) ohne ein Brokerdarlehen (d. h., mit einem Leverage von 1:1) simulieren. In diesem Fall stellen wir die "Margin für Long-Positionen" auf 100 % ein, und geben somit der Strategie die Anweisung, Order nur mit den erhältlichen Geldmitteln zu platzieren. Demzufolge muss auf dem Konto mindestens 105.000 USD (1,05 x 100.000) verfügbar sein, um dieses Handelsgeschäft ausführen zu können. 

 

Stellen wir uns nun vor, dass wir dasselbe Handelsgeschäft mit einem Leverage von 20:1 simulieren möchten. Hierbei beträgt die Margin-Quote 1:20 (5 %). Wenn wir nun die "Margin für Long-Positionen" auf 5 % einstellen, dann führen wir hiermit an, dass das Handelskonto über ein Guthaben von mindestens 5 % des Positionswerts verfügen muss, damit wir den Erhalt der übrigen 95 % von dem Broker simulieren können. Der Mindestkontostand (die Margin) für dieses Handelsgeschäfts beträgt somit 5 % von 105.000 (5.250 USD). 

 

Im Gegensatz zu dem Beispiel ohne Brokergeldmittel enthält eine Positionseröffnung mit einem Leverage von 20:1 ein Verlustrisiko für den Trader und Broker. Wenn die eröffnete Position mehr verlieren sollte, als das Handelskonto decken kann, dann wird der Broker verlangen, dass der Trader weitere Geldmittel auf sein Konto einzahlt oder einen Teil oder alle offenen Positionen zwangsliquidieren lassen, um die Verluste zu decken. Der Strategietester stellt diese Liquidierungen als "Margin Call" dar.

 

Unser „Broker Emulator“ behandelt diese Szenarien in den Strategieergebnissen, indem viermal so viele Positionen liquidiert werden, wie für die Verlustdeckung benötigt wird. Auf diese Weise wird vermieden, dass auf nachfolgenden Chartbalken ständig neue Margin Calls ausgelöst werden. 

 

HINWEIS: Short-Trades umfassen üblicherweise, dass Aktien, Einheiten usw. von dem Broker geliehen und später zu einem anderen Preis verkauft werden. Der Positionswert stellt hierbei den Kaufpreis einer gleichwertigen Anzahl von Aktien, Einheiten usw. dar. Demzufolge verlieren Short-Trades Geld, wenn die Preise steigen. Im Gegensatz zu Long-Positionen enthält der potenzielle Verlust von Short-Positionen keine Obergrenze, da es kein definitives Limit für den Preisanstieg eines Instruments gibt. Aus diesem Grund enthält eine Short-Position immer ein Liquidierungsrisiko, selbst bei einer Margin von 100 %. 

 

Strategien können auch unkonventionelle Margin-Anforderungen simulieren. Zum Beispiel: Sie können eine "Margin für Long-Positionen" von 200 % einstellen. Hierbei muss das simulierte Handelskonto über mindestens zweimal so viele Geldmittel als den Positionswert verfügen, um das Handelsgeschäft eröffnen und unterhalten zu können. Diese Einstellung begrenzt die maximale Positionsgröße auf 50 % des Anlagekapitals einer Strategie.

 

Wichtig: Die Margin-Einstellung eines Strategie-Scripts ermöglicht, die Positionsgrößen zu verifizieren. Wenn die Margin-Anforderungen deaktiviert werden, indem sie auf 0 % eingestellt werden, dann kann das Script Positionen von allen Größenordnungen simulieren, unabhängig von dem tatsächlich erhältlichen Anlagekapital. Dies kann natürlich zu irreführenden Ergebnissen führen. Aus diesem Grund empfehlen wir auch nicht, die Einstellungen für "Margin für Long-Positionen" und "Margin für Short-Positionen" auf 0 % einzustellen.

Die Geldmittel gehen aus

Der Hauptvorbehalt gegen das Leverage-Trading ist, dass es das Risiko erhöht, dass einem die Geldmittel ausgehen werden. Wenn die Positionen von einem Broker geschlossen werden, dann verringert dies auch die Möglichkeit für den Trader, dass er sich von seinen Verlusten erholen wird, und kann demzufolge zu einem noch schnelleren Verbrauch der Geldmittel auf einem Handelskonto sorgen. Der Strategietester stellt diese Positionsschließungen als "Margin Call" dar. 

 

Die Formel für das Auftreten eines Margin Call ist:

 

CurrentEquity <= MarginRequired

 

Der CurrentEquity-Wert entspricht dem Kapitalbetrag, über welchen die simulierte Strategie zu einem bestimmten Moment verfügt, einschließlich Profit oder Verlust der offenen Position. MarginRequired entspricht dem notwendigen Kapitalbetrag auf dem Handelskonto, welcher benötigt wird, um eine Position unterhalten zu können. Wenn CurrentEquity nicht mehr ausreichen sollte, um die offene Position zu finanzieren, dann wird ein Margin Call ausgelöst.

 

Die Formel für CurrentEquity ist PriceChange * Direction * PointValue * AbsPositionSize + InitialCapital + NetProfit. Begriffserklärung:

  • PriceChange ist die Differenz zwischen dem aktuellen Preis und dem Einstiegspreis der offenen Position.
  • Direction ist 1 bei einer Long-Position und -1 bei einer Short-Position.
  • PointValue ist der Geldbetrag, welcher eine Preisbewegung in einer Ganzzahl darstellt. Für die meisten Symbole ist dieser Wert 1. Terminkontrakte sind die Hauptausnahme, hierbei kann eine Veränderung von 100 zu 101 bedeuten, dass sich der Wert um 50 USD und nicht 1 USD verändert hat. Also entspricht hier PointValue 50. 
  • AbsPositionSize ist die Größe der aktuellen Position. Dieser Wert ist immer positiv, auch wenn die Strategie-Scripts auf dem Chart Short-Trades mit einem Negativwert darstellen.
  • InitialCapital + NetProfit ist das gesamte Anlagekapital, über welches die Strategie vor der Eröffnung der aktuellen Position verfügt hat. 

 

Die Formel für MarginRequired ist LastPrice * PointValue * AbsPositionSize * (MarginPercent / 100). Hierbei ist LastPrice der Chart-Preis für die Berechnung und (Margin Percent / 100) ist der verwendete Multiplikationskoeffizient, mit dem wir das notwendige Handelsguthaben für die offene Position erhalten. 

 

Zum Beispiel: Wir simulieren eine Strategie mit 1.000 USD als "Anfangskapital" und einem Wert für die "Margin für Long-Positionen" von 20 % (5:1 Leverage) für den Erwerb von 40 Aktien von NASDAQ:GOOG zu einem Preis von 100 USD.

 

Wenn der Aktienpreis auf 95 USD fällt, dann ist CurrentEquity: PriceChange * Direction * PointValue * AbsPositionSize + InitialCapital + NetProfit = (95 - 100) * 1 * 1 * 40 + 1000 + 0 = 800, und MarginRequired ist: LastPrice * PointValue * AbsPositionSize * (MarginPercent / 100) = 95 * 1 * 40 * 0.2 = 760. Die Strategie ist noch immer in der Lage, die offene Position zu diesem Preis zu tragen, also wird kein Margin Call ausgelöst.

 

Und wenn der Preis auf 90 USD fallen sollte? Dann ist der neue CurrentEquity-Wert: (90 - 100) * 1 * 1 * 40 + 1000 + 0 = 600, und MarginRequired ist nun 90 * 1 * 40 * 0.2 = 720. Hierbei ist CurrentEquity nicht mehr in der Lage, die MarginRequired abzudecken, also wird die Strategie einen Margin Call auslösen und einen Teil der offenen Positionen liquidieren. 

 

Eine Darstellung des Margin-Preises

 

Die einfachste Methode für eine Darstellung des Preispunktes, zu dem ein Margin Call auftreten kann, ist die Variable `strategy.margin_liquidation_price`, welche in den Pine-Script-Quellcode der Strategie eingebaut ist. Wenn Sie diese Codezeile einer Strategie hinzufügen, die im Pine Script™ v5 erstellt wurde, dann wird auf dem Chart der Liquidierungspreis mit einer blauen Linie dargestellt:

plot(strategy.margin_liquidation_price)
Generic

Wenn Sie den Preis manuell berechnen möchten, dann können Sie die Gleichung aus dem vorherigen Abschnitt in die folgende Formel umwandeln:

 

MarginLiquidationPriceRaw = ((InitialCapital + NetPofit) / (PointValue * AbsPositionSize) - Direction * EntryPrice) / (MarginPercent / 100 - Direction)

 

Der erhaltene Wert für MarginLiquidationPriceRaw wird dann für Short-Positionen aufgerundet und für Long-Positionen abgerundet, und das auf den nächstliegenden Preis, der mit dem Mindesttick des Symbols dividiert werden kann. 

 

Nehmen Sie hierbei bitte zur Kenntnis, wie die gesamte Formulierung mit (MarginPercent / 100 - Direction) dividiert wird. Wenn die Richtung „Long“ ist und MarginLong% beträgt 100, dann wird der Divisor 0 sein, und MarginLiquidationPriceRaw wird nicht realisierbar sein, da es mit null geteilt wurde. Dieses Verhalten ist konsistent mit der Idee, dass ein Broker keine Long-Positionen mit einer Margin von 100 % liquidieren kann.

 

Die hypothetische Strategie, die wir im vorherigen Abschnitt beschrieben haben, hat ein Berechnungsergebnis von: ((1000 + 0) / (1 * 40) - 100) / (20 / 100 - 1) = 93,75. Dies ist der erste Preis, der einen Margin Call auslösen wird. 93,75 ist mit der GOOG-Tickgröße von 0,01 teilbar, und eine Abrundung auf den Mindesttick hat in diesem Szenario keine weiteren Auswirkungen.

 

Hinweis: Das Margin Call wird in der Simulation zu diesem berechneten Preis nicht garantiert ausgeführt werden.

 

 

Berechnung der Liquidierungsgröße

 

Der exakte Liquidierungsbetrag bei einem Margin Call ist abhängig von dem Preis, zu dem das Event ausgelöst wird. Wie oben angeführt liquidiert der Broker-Emulator viermal mehr als den notwendigen Betrag, um den Verlust zu decken. Auf diese Weise wird ein Puffer erstellt, der dafür sorgt, dass das Event nicht ständig neu ausgelöst wird. Wir verwenden den folgenden Algorithmus für die Berechnung des Liquidierungsbetrags:

 

1. Berechnen Sie den Geldaufwand, d. h., den Betrag, den der Trader für die Eröffnung der Position ausgegeben hat.

Positionsgröße * Einstiegskurs

 

2. Berechnen Sie den Marktwert des Wertpapiers (Market Value of Security, MVS).

Positionsgröße * Aktueller Preis

 

3. Berechnen Sie den offenen Gewinn. Wenn die Handelsrichtung Short ist und der offene Gewinn eine positive Zahl, dann sollte das Ergebnis trotzdem negativ sein, also multiplizieren wir den absoluten Wert unserer Berechnung mit -1.

ABS(MVS - Verwendete Geldmittel) * -1

 

4. Berechnen Sie das Eigenkapital, d. h., das Geld, das dem Trader zum aktuellen Zeitpunkt zur Verfügung steht.

Anfangskapital + Nettogewinn + offener Gewinn

 

5. Konvertieren Sie den Margin-Prozentsatz in eine Margin-Quote.

Marge in Prozent / 100

 

6. Berechnen Sie die Margin, d. h., den genauen Geldbetrag, der benötigt wird, um Ihren Teil der offenen Position zu decken.

MVS * Margin-Quote

 

7. Berechnen Sie die verfügbaren Mittel, d. h., den Betrag des verlorenen Geldes, den der Trader nicht mit seinem aktuellen Eigenkapital decken kann.

Eigenkapital - Margin

 

8. Berechnen Sie den Gesamtbetrag des Geldes, welches der Trader verloren hat.

Verfügbare Mittel / Margin-Quote

 

9. Berechnen Sie, wie viele Einheiten der Trader verkaufen muss, um den Verlust zu decken. Der Wert wird auf die gleiche Dezimalstelle abgeschnitten wie die Mindestkontraktgröße für das aktuelle Symbol.

TRUNCATE(Schritt #8 / Aktueller Preis)

 

10. Berechnen Sie, wie viele Einheiten der Broker verkaufen wird, um den Verlust zu decken. Unser emulierter Broker verkauft viermal so viele Einheiten wie nötig, um sicherzustellen, dass der Margin Call nicht ständig neu ausgelöst wird, wenn die Verluste anhalten. Dieser Wert wird bei Short-Trades positiv sein, da der Broker Einheiten kauft, um den Verlust zu decken, anstatt sie zu verkaufen.

Schritt #9 * 4

 

Um diese Berechnung im Detail zu untersuchen, fügen wir die integrierte Supertrend-Strategie zum NASDAQ:TSLA-Chart auf dem 1D-Zeitrahmen hinzu. Setzen Sie die Ordergröße auf 300 % des Eigenkapitals und die Margin für Long-Positionen auf 25 %.

 

Unser erster Einstieg erfolgte bei der Eröffnung der Kerze am 16. September 2010. Wir kaufen 682.438 Einheiten (Positionsgröße) zu 4,43 USD (Einstiegspreis). Am 23. September 2010, als der Kurs bei 3,9 lag (aktueller Kurs), wurden 111052 Einheiten per Margin Call zwangsliquidiert.

 

1. Verwendete Geldmittel: 682438 * 4,43 = 3023200,34

2. Marktwert des Wertpapiers (MVS): 682438 * 3,9 = 2661508,2

3. Offener Profit: −361692,14

4. Eigenkapital: 1000000 + 0 – 361692,14 = 638307,86

5. Margin-Quote: 25 / 100 = 0,25

6. Margin: 2661508,2 * 0,25 = 665377,05

7. Verfügbare Geldmittel: 638307,86 – 665377,05 = -27069,19

8. Verlorene Geldmittel: -27069,19 / 0,25 = -108276,76

9. Anteile zur Deckung des Verlusts: TRUNCATE(-108276,76 / 3,9) = TRUNCATE(-27763,27) = -27763

10. Größe des Margin Calls: -27763 * 4 = - 111052