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Microsoft flüchtet bei der geplanten Übernahme von Activision Blizzard nach vorne, Sony gerät unter Zugzwang, Nintendo ist der lachende Dritte

Es ist schon eine ganze Weile her, dass Microsoft eine milliardenschwere Übernahme des Spielepublishers Activision Blizzard ankündigte. Über die Bühne ist das Ganze allerdings bis heute nicht. Das liegt vor allem an kartellrechtlichen Bedenken, welche vom direkten Konkurrenten Sony vorgetragen werden.

Microsoft (US5949181045) sieht freilich keinerlei Probleme darin, den Mutterkonzern von bekannten Spieleserien wie Call of Duty, World of Warcraft oder Diablo zu schlucken. Dem Wettbewerb soll das nicht schädlich sein und es wurde schon mehrfach in Aussicht gestellt, die entsprechenden Spiele zumindest in den nächsten Jahren nicht exklusiv auf den eigenen Plattformen zu veröffentlichen.

Um die Kartellbehörden milde zu stimmen, hat Microsoft auch immer wieder die Bedeutung von Call of Duty kleingeredet und sinngemäß damit argumentiert, dass ohnehin niemand die Kaufentscheidung über eine Spielekonsole an diesem Titel festmachen würde. Jetzt flüchtet der Software-Riese hier nach vorne und hat wohl mit der PC-Spieleplattform Valve sowie mit Nintendo einen 10-Jahresvertrag für die Veröffentlichung neuer Call of Duty-Titel ausgehandelt. Der PlayStation-Hersteller Sony (JP3435000009) wird damit schwer unter Druck gesetzt, und das wahrscheinlich ganz bewusst. Zumindest nach Ansicht von Microsoft gibt es jetzt keinen Grund mehr, die Übernahme noch zu stoppen.

Wie wird Sony reagieren?

Dass Sony noch nicht über einen ähnlichen Vertrag für die Veröffentlichung künftiger Call of Duty-Spiele verfügt, liegt nach Aussagen von Microsoft lediglich daran, dass die Japaner nicht mit sich reden ließen. Prinzipiell sollen die Ballerspiele aber auch in den kommenden Jahren auf der PlayStation erscheinen. Das klingt erstmal nach einer mehr oder weniger eleganten Lösung. Dass Sony sich damit einfach zufriedengeben wird, damit ist aber eher nicht zu rechnen.

Wahrscheinlich wird der Konkurrent stattdessen darauf verweisen, dass Activision Blizzard (US00507V1098) auch noch zahlreiche andere Titel im Portfolio hat, welche in Zukunft potenziell von der eigenen Plattform verschwinden könnten. Zudem gibt Microsoft keinerlei Garantien, dass auch in der nächsten Dekade noch weitere Verträge geschlossen werden oder Call of Duty und Co. dann nicht doch nicht in die Exklusivität rutschen. Das letzte Word ist also noch nicht gesprochen.

Wenn zwei sich streiten…

Als lachender Dritte aus dem Ganzen geht bisher vor allem Nintendo (JP3756600007) vor. Denn es ist schon einige Jahre her, dass auf einer Nintendo-Konsole ein Spiel aus dem Call of Duty-Universum erschienen ist. Jetzt hat sich Microsoft überraschend verpflichtet, dies zu ändern, sollte die Übernahme wie geplant über die Bühne gehen können. Nintendo erhält hier mehr oder weniger ein Geschenk, womit die meisten Beobachter auch gar nicht unbedingt gerechnet hätten.

Schließlich ist die eigenen Konsole in Form der Nintendo Switch technisch eher schwachbrüstig und es lässt sich darüber diskutieren, ob jene überhaupt in der Lage wäre, das neueste Call of Duty wiederzugeben. Zumindest Microsoft scheint hier aber keine Probleme zu sehen und im Zweifel ließe sich die Angelegenheit wohl auch per Streaming regeln, wie es schon bei einigen anderen technisch anspruchsvollen Titeln auf der Nintendo-Konsole der Fall war.

Wie reagieren die Aktien?

Das anhaltende Drama rund um die Giganten der Gaming-Branche findet an den Märkten nur wenig Beachtung. Microsoft wird viel mehr von konjunkturellen Sorgen geplant und gab am Mittwoch um etwas mehr als ein Prozent nach. Die Xbox ist hier seit jeher eher wenig kursrelevant. Bei Sony hat das Ganze schon eine größere Bedeutung, doch auch hier gaben die Kurse gestern nur leicht um knapp 0,8 Prozent nach.

Richtig profitieren konnte von den unerwarteten Entwicklungen einzig die Nintendo-Aktie, welche sich um 0,63 Prozent auf immerhin 40,18 Euro in die Höhe bewegte. Es ist wohl das einzige der hier genannten Unternehmen, welches aus der Mega-Übernahme keinerlei Nachteile zu erwarten hat. Bei Activision Blizzard scheinen die Anleger sich derweil auch keine großen Sorgen zu machen, Zugewinne von 0,23 Prozent fielen hier gestern aber auch kaum ins Gewicht.

Eine neue Ära?

Microsoft hat sich mit der geplanten Übernahme von Activision Blizzard einiges vorgenommen und es wird spannend zu sehen sein, wohin die Reise von hier aus geht. Gegenüber den Kartellbehörden gibt der Software-Hersteller sich betont offen und spricht davon, allen Spielern unabhängig von der Plattform die eigenen Spiele anbieten zu wollen. Allerdings wird es seine Gründe haben, dass Milliarden auf den Tisch gelegt werden sollen. Das letzte Wort in der Sache ist in jedem Fall noch nicht gesprochen.

08.12.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler

Der original Artikel wurde auf NTG24 veröffentlicht