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Die jüngsten Ergebnisse von ThyssenKrupp können sich sehen lassen, doch die Anleger werden auf schwere Zeiten eingestimmt

Um den Industriekonzern ThyssenKrupp sorgen die Anleger sich nicht erst seit gestern, doch jüngst konnten überraschend starke Quartalszahlen präsentiert werden. Es ist gelungen, einen Milliardengewinn zu erzielen und erstmals seit vier Jahren soll nun auch wieder eine Dividende gezahlt werden. Richtig freuen können die Anteilseigner sich darüber aber nicht.

Konkret vermeldete ThyssenKrupp (DE0007500001), dass sich das bereinigte Ebit im vergangenen Quartal auf 2,1 Milliarden Euro gesteigert hat und damit nahezu dreimal so hoch ausfiel wie noch ein Jahr zuvor. Zu verdanken sind diese erfreulichen Ergebnisse zum überwiegenden Teil der kriselnden Stahlsparte. Jene profitierte von rasant steigenden Stahlpreisen und alleine hier legten die Gewinne auf 1,2 Milliarden Euro zu, nachdem im gleichen Quartal des vorherigen Jahres nur magere 116 Millionen Euro erzielt werden konnten.

Alles in allem erzielte ThyssenKrupp einen Überschuss in Höhe von 1,2 Milliarden Euro und bahnt sich so seinen Weg aus den roten Zahlen heraus. Letztes Jahr um diese Zeit musste noch ein Verlust von 115 Millionen Euro verbucht werden. An den besseren Zahlen sollten auch die Aktionäre beteiligt werden. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit soll bei ThyssenKrupp wieder eine Dividende fließen. Es scheint also alles in bester Ordnung zu sein.

Doch der Aktienkurs gab nach den Zahlen dennoch um 2,11 Prozent nach und fiel am Donnerstag auf nur noch 5,48 Euro zurück. Irgendetwas scheint da also doch im Argen zu sein und der Schuldige ist schnell gefunden. Dass die Aktionäre sich über die Ergebnisse des vergangenen Quartals nicht so recht freuen können, liegt schlicht am Ausblick. Dass ThyssenKrupp in absehbarer Zukunft noch einmal ähnlich gute Zahlen abliefern wird, erscheint leider eher unwahrscheinlich.

Kann ThyssenKrupp auf eigenen Beinen stehen?

Zum einen haben die Stahlpreise zuletzt wieder deutlich nachgelassen, sodass ThyssenKrupp sich auf diese als Motor für die eigenen Gewinne nicht mehr einfach verlassen kann. Zum anderen wurde angekündigt, dass es erst einmal keine weiteren Verkäufe von Unternehmensanteilen geben soll, welche die Bilanzen bisher zumindest teilweise etwas aufhübschen konnten. Damit ist auch ein Verkauf der Stahlsparte erst einmal vom Tisch. ThyssenKrupp wird zunächst auf eigenen Beinen stehen müssen.

Ob dem Konzern das gelingen wird, daran scheinen einige Anleger so ihre Zweifel zu haben und so bleibt die große Erholungsrallye erst einmal aus. Auch mit Ankündigungen zu Einsparungen konnten die Aktionäre nicht abgeholt werden, da in jenen letztlich nur noch ein weiterer Beleg für den zu befürchtenden Schrumpfkurs zu sehen ist. Wenn man so will, bereitet sich ThyssenKrupp derzeit schon auf die nächste Krise vor, und viele Anleger würden natürlich gerne etwas anderes sehen.

Alles ist möglich

Langfristig sieht ThyssenKrupp vor allem grünen Stahl als eine große Chance und geht es um die Stahlsparte, werden beim Management derzeit auch keine roten Linien gezogen. Das lässt Spekulationen am Leben, wonach es beispielsweise zu einem Zusammenschluss mit Salzgitter (DE0006202005) kommen könnte. Bisher habe es laut der Vorstandsvorsitzenden Martina Merz zwar kein zufriedenstellendes Konzept für ein solches Szenario gegeben, doch generell gebe es auch keinerlei Tabus.

Für das nächste Quartal stellt ThyssenKrupp derweil keine Wunder in Aussicht. Aufgrund wieder etwas niedriger Stahlpreise werden die Gewinne aber wohl zurückgehen, aber es wird nicht mit Verlusten gerechnet. Konzernweit soll es mindestens für das Erreichen der schwarzen Null reichen. Das scheint für die meisten Investoren nur ein schwacher Trost zu sein und das große Comeback der schwer angeschlagenen ThyssenKrupp-Aktie wird wohl wieder einmal auf einen unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft verschoben werden müssen. Es könnte momentan schlimmer aussehen, doch es fehlt schlicht auch an überzeugenden Kaufargumenten an den Märkten.

18.11.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler

Der original Artikel wurde auf NTG24 veröffentlicht