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BASF IM FOKUS: Schleppende Erholung Chinas lastet schwer auch Nachfrage

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der Chemiekonzern BASFBASbekommt wie die gesamte Branche die schleppende Nachfrage vor allem in China zu spüren. Eine Erholung im zweiten Halbjahr scheint auszubleiben. Die Ziele für das Gesamtjahr strich der Konzern deshalb jüngst kräftig zusammen. BASF hatte bereits wegen verschlechterter Geschäfte und erschwerter Rahmenbedingungen in Europa ein Sparprogramm aufgelegt, inklusive Stellenabbau. Was beim Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI BASF:

Die Chemiebranche leidet seit Herbst 2022 massiv unter einem Abbau von Lagerbeständen durch Kunden, die sich wegen Versorgungsengpässen in der Corona-Krise die Lager voll gemacht hatten. Hinzu kam dann noch eine nachlassende Kauflaune der Konsumenten, die wegen der hohen Inflation bei Ausgaben vorsichtiger wurden. Das bekam auch die Wirtschaft Chinas zu spüren, die zudem unter einer Flaute des Immobilienmarktes und hoher Jugendarbeitslosigkeit leidet. Eine deutlichere Konjunkturerholung des Landes im Jahresverlauf - wie von vielen Experten zum Jahresstart noch prognostiziert - wird zunehmend unwahrscheinlicher.

Vor diesem Hintergrund und wegen eines schwachen zweiten Quartals musste auch BASF deutliche Abstriche bei den Jahreszielen gemacht. Zudem will das Unternehmen wegen hoher Produktionskosten in Deutschland verstärkt im Ausland zu investieren - etwa in China.

Für das laufende Jahr kalkuliert die BASF-Führung um den Vorstandsvorsitzenden Martin Brudermüller mit einem Umsatzrückgang auf 73 bis 76 Milliarden Euro, nach 87,3 Milliarden Euro im Vorjahr. Zuvor war die Prognose mit angepeilten 84 bis 87 Milliarden Euro deutlich höher. Beim operativen Ergebnis (bereinigtes Ebit) rechnet das Management nur noch mit 4,0 bis 4,4 Milliarden Euro, statt mit einem Rückgang von knapp 6,9 Milliarden im Vorjahr auf 4,8 bis 5,4 Milliarden Euro.

BASF rechnet auf globaler Ebene zwar nicht mit einer weiteren Abschwächung der Nachfrage, da die Lagerbestände an Chemierohstoffen in den Kundenindustrien bereits stark abgebaut worden seien. Der Konzern geht aber von einer nur zaghaften Erholung aus, da die globale Nachfrage nach Konsumgütern schwächer ausfallen werde als bisher angenommen. Damit dürften auch die Margen unter Druck bleiben.

Im zweiten Quartal sank der Umsatz laut vorläufigen Berechnungen im Jahresvergleich um ein Viertel auf 17,3 Milliarden Euro. Grund waren insgesamt deutlich niedrigere Preise und Mengen. Auch negative Währungseffekte bremsten. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) und Sondereinflüssen ging um mehr als die Hälfte auf eine Milliarde Euro zurück. Der Gewinn brach von gut zwei Milliarden Euro im Vorjahr auf 499 Millionen Euro ein.

Wegen verschlechterter Geschäfte und schwierigerer Rahmenbedingungen in Europa vor allem wegen stark gestiegener Gaspreise hatte die BASF-Führung bereits im vergangenen Jahr ein Sparprogramm angekündigt, mit dem sie die jährlichen Kosten um über 500 Millionen Euro senken will. Unter dem Strich will das Unternehmen 2600 Stellen streichen. Fast zwei Drittel davon sollen auf Deutschland entfallen. Wegen hoher Gaspreise sollen zudem mehrere Chemieanlagen stillgelegt werden.

Derweil könnte das Rennen um die Nachfolge von BASF-Chef Martin Brudermüller intern entschieden werden. Markus Kamieth habe als China-Chef des Chemiekonzerns die Nase vorn, berichtete jüngst die "Financial Times" und bezog sich dabei auf informierte Personen. Auch für Brudermüller, der im Mai 2024 den Vorsitz des Mercedes-Benz-MBGAufsichtsrats übernehmen soll, soll Kamieth demnach der Favorit für den frei werdenden Chefposten sein. BASF wollte sich auf Anfrage der Zeitung nicht äußern und verwies auf die Entscheidungshoheit des Aufsichtsrats für die Nachbesetzung der Top-Position.

Den vollständigen Halbjahresbericht legt BASF am 28. Juli vor.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Nach der Senkung der Jahresziele Mitte Juli reduzierten Analysten ihre Gewinnschätzungen ebenfalls und senkten auch ihre Kursziele. Das durchschnittliche Ziel der 13 von dpa-AFX seit der Gewinnwarnung erfassten Experten liegt bei gut 51 Euro, und damit über dem aktuellen Kursniveau. Aktuell empfehlen noch fünf Experten die Aktie zum Kauf. Sechs raten zum Halten, zwei empfehlen den Verkauf.

Laut Analyst Geoff Haire von der Schweizer Großbank UBS bedeutete der Mittelpunkt der neuen Spanne 14 Prozent Korrekturbedarf für den Marktkonsens. Die Prognose des Chemiekonzerns impliziere, dass das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im zweiten Halbjahr um gut ein Viertel unter dem Vorjahreszeitraum liegen dürfte.

Für Analyst Chetan Udeshi von der US-Bank JPMorgan entsprach das operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) des Chemiekonzerns im zweiten Quartal seiner vorsichtigen Prognose und der Konsensschätzung. Dagegen habe das reduzierte Ebit-Jahresziel klar unter den von ihm und vom Markt zuvor bereits substanziell gekürzten Erwartungen gelegen.

Nach Ansicht von Analyst Markus Mayer von der Baader Bank könnte der Markt positiv aufnehmen, dass BASF aktuell für die zweite Jahreshälfte von keiner weiteren Abschwächung der weltweiten Nachfrage ausgeht. Er begründet dies damit, dass die Lagerbestände an chemischen Rohstoffen in den Kundenindustrien bereits stark reduziert worden seien. Dies decke sich auch mit den Kommentaren von mehreren anderen Chemieunternehmen.

Sebastian Bray von der Privatbank Berenberg betont indes, dass das Potenzial für eine Erholung der Chemiepreise und -mengen bis ins Jahr 2024 nicht unterschätzt werden sollte. Sowohl die US-amerikanischen Konsumgüter- als auch die Industriegüterbestände deuteten darauf hin, dass nur noch für wenige Monate mit sehr begrenzten Kundenkäufen zu rechnen sei.

Der Spezialchemiekonzern Evonik habe bereits bei seinen vorläufigen Quartalsergebnissen auf eine Abschwächung des Lagerabbaus in der Bau- und Beschichtungsindustrie hingewiesen. Das Bild, das sich nach 2023 für BASF ergebe, sei keine Katastrophe, aber auch kein Grund zum Feiern: Es sei vor allem durch ein geringeres Trendwachstum in China gekennzeichnet, so Bray.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Corona-Krise hat der BASF-Aktie in der ersten Phase der Pandemie vor drei Jahren ordentlich zugesetzt. Der Kurs rutschte innerhalb weniger Wochen um mehr als 40 Prozent ab. Mitte März 2020 kostete das Papier mit rund 37,35 Euro so wenig wie seit 2009 nicht mehr. Zwischenzeitlich konnte sich der Kurs deutlich erholen - bis auf fast 73 Euro im Frühjahr 2021.

Aber vom Krieg in der Ukraine, den Corona-Lockdowns in China und Problemen in den Lieferketten gezeichnet, trübte sich der Kurschart der BASF wieder deutlich ein. Mit dem Fall bis unter die 40-Euro-Marke im vergangenen Juli näherte sich der Kurs dem Corona-Crash-Tief - und nach einem weiteren Auf und Ab verfehlte er diese Marke Ende Oktober mit 37,90 Euro nur knapp. Anschließend ging es bis Anfang dieses Jahres wieder bergauf. Seitdem hat die Aktie wieder an Wert verloren.

Seit der Jahreswende hat das Papier aber immer noch um knapp zwei Prozent zugelegt, auf Sicht von zwölf Monaten steht ein Kursplus von fast zehn Prozent zu Buche.

Mittelfristig haben die Aktionäre aber wenig Freude. Seit dem Rekordhoch bei 98,80 Euro Anfang 2018 hat sich der Aktienkurs von BASF mehr als halbiert. Zuletzt kostete ein Papier rund 47 Euro.

Auf Sicht von zehn Jahren haben die Papiere ein Drittel an Wert eingebüßt, während sich der DaxDAXin diesem Zeitraum nahezu verdoppelt haben.

Derzeit beträgt der Börsenwert des Konzerns 42 Milliarden Euro. Damit liegt BASF im Dax-Mittelfeld. Zum Amtsantritt von Konzernchef Martin Brudermüller im Mai 2018 hatte BASF mit ungefähr 80 Milliarden Euro noch auf dem sechsten Platz gelegen./mne/ngu/mis