Schulz-Team-Analytik

Der BTC und die FED-Zinsentscheide

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Das Ereignis dieser Woche war sicherlich der Zinsentscheid der US-Notenbank FED (Federal Reserve System) die Leitzinsen um nur noch 0,25 Basispunkte anzuheben. Jermoe Powell gab aber keine Hoffnungen auf die Zinswende von der Zinswende, zurück zu Niedrigzinsen. Die Nachricht von erneut weniger stark steigenden Zinsen wurde von den Märkten generell positiv aufgenommen, doch konnte speziell der Kryptomarkt keine neue Rally initiieren. Der BTC-Kurs ist am Mittwoch in der Spitze immerhin um gut 6,5% gestiegen, ist seither aber wieder um über 4% gefallen.

Der Mechanismus zwischen Leitzinsen und Börsenkursen wird leider zu oft als monokausal dargestellt, wobei sich im letzten halben Jahr mehrfach gezeigt hat, dass die Zinsentscheide der weltweit wichtigsten Notenbank FED kaum einen nachhhaltigen Einfluss auf die Kurse hatten.

Grundsätzlich führen niedrige Zinsen zur Ausweitung der Geldmenge, hohe Zinsen hingegen zu rückläufiger Geldmenge (in der Theorie). Und hohe Geldmengen führen tendenziell zu hoher Liquidität an den Börsen und somit zu steigenden Kursen. Geringe Liquidität bewirkt tendenziell das Gegenteil. Mittlerweile gewinnt man den Eindruck, dass im Zusammenhang mit den medial aufgeblasenen FED-Zinsentscheiden seit einem halben Jahr jeder Hobby-Anleger zum Experte für Zins- und Fiskal-Politik geworden ist und stichhaltig prognostizieren kann wann die Börsen drehen und welche Entscheidungen Herr Powell treffen muss, um die Kurse zu bewegen.

So berichtet auch die Süddeutsche Zeitung in ihrem Online-Artikel „Mit hohem Einsatz gegen die Inflation“ von einem „Zweikampf“ zwischen „Investoren gegen US-Notenbankchef Jerome Powell“. Das Ziel der FED bezieht sich allerdings nicht auf stabile Börsen, sondern auf eine stabile Binnenkonjunktur, einen stabilen Immobilienmarkt, ein sicheres Bankensystem, Preisstabilität und möglichst hohe Beschäftigung.

Das Erreichen dieser Ziele kann im Resultat zu steigenden Börsen-Kursen führen, doch hier einen direkten Kampf zwischen Anlegern und der FED hinein zu projizieren schießt über das Ziel hinaus. Doch genau diese These wird sehr aggressiv verbreitet und setzt sich in den Köpfen vieler Anleger fest. Nun möchten wir den tatsächlichen Zusammenhang aufschlüsseln, um den Einfluss von Zinsen auf die Börsen einordnen zu können.

Das wichtigste an Zinsentscheiden sind nicht die einzelnen Ankündigungen von steigenden oder fallenden Zinsen, sondern die Zinsrichtung und die Zinswende. Dieser Mechanismus lässt sich sehr gut mit Immobilienpreisen vergleichen. In den letzten 10 Jahren der Niedrigzinsen wollte sich jeder ein Eigenheim leisten und am besten noch einige Eigentumswohnungen um diese zu vermieten. Was soll schon schiefgehen?! Wenn die Wohnungen mal unvermietet bleiben oder die Raten fürs Eigenheim nicht mehr bezahlt werden können, hat man immernoch die Wertsteigerung und kann die Immobilien für mindestens den ursprünglichen Kaufpreis oder sogar mehr wieder verkaufen. Solange die Zinsen niedrig sind, haben potenzielle Käufer genügend Liquidität weiter steigende Preise zu zahlen.

Sobald allerdings eine Zinswende angekündigt wird passieren mehrere Dinge. Zunächst werden institutionelle Immobilien-Besitzer zurückhaltend mit neuen Investitionen, sodass Kaufdruck aus dem Markt genommen wird – die Nachfrage sinkt, Preise stagnieren. Sobald dann die Zinsen tatsächlich steigen, können sich weniger Privat-Investoren die teuren Immobilienpreise leisten, welche vornehmlich mit hohen Fremdkapitalquoten von über 60% per Baufinanzierung kreditiert wurden – die Nachfrage sinkt weiter. Durch sinkende Immobilienpreise sinken auch die Bilanzwerte von instiutionellen Immobilienbesitzern, sodass diese beginnen Ihre Wohneinheiten zum aktuell noch hohen Preis-Niveau möglichst zu verkaufen – das Angebot steigt.
An diesem Punkt sind wir in Deutschland bereits angekommen, da mehrere große Immobilien-Firmen wie Vonovia bereits im großen Stil Baustopps angekündigt haben und beginnen Ihre Wohnungen zu veräußern. Auch Dividendenzahlungen für Anteilseigner werden ausgesetzt.

Die nächste logische Folge werden Kreditausfälle sein. Viele Privatkäufer haben in Ihren Baufinanzierungen Zinsbindungen von 10 bis 15 Jahren. Sobald diese Enden und zum aktuellen Zinsniveau finanziert werden muss, werden viele Hausbesitzer in Schwierigkeiten geraten und tendenziell sind Verkäufe die Folge – das Angebot steigt weiter.

Eine sinkende Nachfrage und erhöhtes Angebot hat immer sinkende Preise zur Folge. Dieser Mechanismus wird allerdings nicht durch jede weitere Zinsanhebung verstärkt. Den größten Einfluss haben hier die Institutionellen, welche den Stein ins Rollen bringen da sie strategische Entscheidungen auf Basis der Notenbankpolitik treffen. Ändert sich die Zinspolitik, gibt es eine Trendwende im Verhalten der Institutionellen, die den Großteil des Kapitals stellen. Wenn die Zinsen weiter steigen, ist das natürlich weiter negativ für die Institutionellen, doch sind sie darauf vorbereitet und haben ihre Portfolios bereits ausgedünnt.

Dieser Mechanismus gilt für alle Märkte und Börsen. Das institutionelle Kapital reagiert auf die Ankündigungen von Trendwenden, sodass große Vermögensverwalter, Rentenkassen und Versicherungsunternehmen ihr gigantisches Kapital vornehmlich dort platzieren, wo die Sicherheit am höchsten ist. Sobald die Zinsen steigen werden langjährig verzinste Staatsanleihen wesentlich interessanter als Aktien oder Kryptos. Eine massive Kapitalverschiebung findet statt sobald die Zinswende angekündigt wird. Resultierend tritt ein Kaskadeneffekt in kraft, da das Kapital zunächst in die Währung investiert, welche die hohen Zinsen stellt – in diesem Fall den US-Dollar. Die Nachfrage nach USD erhöht sich und der USD-Kurs wertet auf. Ein steigender Dollar hat kausal fallende Kurse zur Folge, sodass Börsen automatisch abwerten. In Erwartung dieses Mechanismusses verkaufen profesionelle Investoren ihre Börsen-Papiere und orientieren sich ebenfalls in Richtung Staatsanleihen oder erhöhen einfach ihre Cash-Quote. Unabhängig davon wie hoch die Zinsen in diesem Stadium angehoben wurden, ist das große Kapital zum größten Teil deinvestiert.

Dieser Effekt lenkt die Börsen tatsächlich, sodass einzelne Zinsentscheide kaum Einfluss auf Kurse haben. Der Kryptomarkt ist von den Zinsentscheiden noch weniger betroffen, da hier kaum großes Kapital investiert ist. Zwar lässt sich über diverse Daten seit Monaten beweisen, dass institutionelles Kapital an Dominanz gewinnt, doch sind Vermögensverwalter nur mit sehr kleiner Gewichtung ihres Gesamtportfolios in Kryptos investiert. Und auch wenn Vermögensverwalter wie Blackrock als Wale im Kryptomarkt bezeichnet werden können, ist deren Krypto-Gewichtung wahrscheinlich nur ein Bruchteil des Gesamtportfolios. Auf dem Chart sind die FED-Zinsentscheide des letzten halben Jahres markiert und deren Einfluss auf den BTC-Kurs.

Viel wichtiger ist der Mechanismus des Kauf- und Verkaufsdrucks. Seit über 12 Monaten befindet sich der Kryptomarkt in einem Abwärtstrend. Im ATH (all time high) waren noch viele Anleger im Mark und wenig Kapital in der Cash-Quote. Entsprechend wird es bei sinkender Cash-Quote immer schwieriger neues Kapital in den Markt zu bringen um Kurse weiter steigen zu lassen. Auch sind bereits viele Anleger investiert und das Potenzial investitionswilliger Anleger erschöpft sich entsprechend – der Kaufdruck sinkt. Die gestiegenen Kurse bieten allerdings attraktive Renditen, welche realisiert werden möchten. Je weiter Kurse steigen, desto rentabler wird ein Verkauf – der Verkaufsdruck steigt.
Nach dem ATH, in der Abwärtsbewegung zum zyklischen Boden werden BTCs verkauft, sodass Cash generiert wird und Anleger deinvestieren. Es ist wieder viel Kapital verfügbar und die Anzahl potenzieller Investoren nimmt zu – der Kaufdruck steigt. Gesunkene Kurse bringen beim Verkauf weniger Rendite und sind weniger attraktiv. Auch sind weniger potenzielle Verkäufer im Markt und das Angebot verkaufbarer BTCs ist gefallen – der Verkaufsdruck sinkt.

Zuletzt hat der Kryptomarkt sehr stark gedreht und es scheint, als hätte sich der aufgestaute Kaufdruck entladen und konnte den gesunken Verkaufsdruck dominieren. In der aktuellen Woche haben sich die Kurse tendenziell seitwärts bewegt, sodass eine Konsolidierung auf sehr hohem Niveau zu erkennen ist. Je länger die Kurse konsolidieren können und so das Kursniveau halten, desto mehr Verkaufsdruck kann sich abbauen. Somit werden weiter steigende Kurse mit der Zeit immer wahrscheinlicher.

Im konkreten Fall des BTC lässt sich die zugrundeliegende Marktpsychologie dahingehend interpretieren, dass viele Anleger von einem deutlich tieferen Boden ausgegangen sind und weiterhin deinvestiert sind. Da die Wahrscheinlichkeiten für einen tieferen Boden mittlerweile sehr gering erscheinen, müssen diese Investoren ihr Kapital nun nachträglich in den Markt hinein bekommen und warten auf einen potenziellen Rücksetzer. Je tiefer dieser Rücksetzer führt, desto attraktiver werden Einstiege und desto höher wird der Kaufdruck.
Die nun gestiegenen Kurse erzeugen hingegen Verkaufsdruck, da kurzfristig viel Rendite erzielt werden konnte oder einfach nur, weil manche Anleger in den vergangenen Monaten zu höheren Kursen gekauft hatten, lange im Verlust waren und nun die Gelegenheit haben den Markt wieder verlustfrei zu verlassen.

Da der Kurs aktuell seitwärts läuft, wird dieses Verkaufsinteresse vom Markt abgebaut. Ursächlich können z.B. beschriebene Anleger sein, die bisher ihre Einstiege verpasst haben und ungeduldig werden da die Kurse einfach nicht fallen wollen. Nun akzeptieren sie aus FOMO einfach die hohen Kurse und halten den Kaufdruck somit aufrecht – dies entspricht einer Korrektur über die Zeit.

Ein solches Verhalten ist allerdings nicht nachhaltig, da es eine Art Einmal-Effekt ist. Die große Masse von Investoren die Ihre Einstiege in der Hoffnung eines tieferen Bodens bisher verpasst haben, werden irgendwann ihren Fehler korrigiert haben und wieder investiert sein. Entsprechend ist die aktuelle Kurssituation nicht natürlich herbeigeführt worden und kann nicht zu substanziell weiter steigenden Kursen führen. Eine Korrektur über die Zeit ist meistens eine unnatürliche Korrektur, da Kurse aus marktpsychologischer Sicht über den Preis korrigieren müssen. Hier lässt sich sogar eine Faustformel aufstellen welche besagt, dass wenn ein Kurs einmal über die Zeit korrigiert, die folgende Korrektur über den Preis um so stärker ausfallen wird.

Sollte der BTC entsprechend in der aktuellen Situation weiter seitwärts handeln, bullish ausbrechen und noch höher steigen können, wäre mit einer sehr sehr starken Gegenbewegung in bearishe Richtung zu rechnen. Die meisten Investoren, die nach unseren Analysen, Handelszonen und Investitonsstrategie gehandelt haben, sollten sich nun über die steigenden Kurse freuen können und entspannt auf den nächsten Rücksetzer warten um etwaiges weiteres Kapital einstreuen zu können. Investoren, die noch keine Einstiege platzieren konnten müssen nun Nerven beweisen. Die wichtigste Eigenschaft an Börsen ist Disziplin bzw. Geduld, und in der aktuellen Kurs-Phase ist Geduld gefragt. Es gibt an den Börsen niemals nur eine Richtung und es wird immer Rücksetzer geben. Selbst wenn der BTC weiter steigen kann, sollten erneut Kurse unter 20k erreicht werden. Auch wenn der BTC bis zu seinem aktuellen Maximal-Ziel von rund 30k laufen kann, ist ein Rücksetzer bis mindestens auf das aktuelle Kursniveau zu erwarten, sodass niemand einen Fehler begeht der die aktuelle Kurse nicht kauft. Wenn es den eigenen Emotionen aber zuträglich ist, macht es vielleicht Sinn das aktuelle Kursniveau mit 5% oder 10% des verfügbaren Investitionskapitals zu kaufen um die FOMO in den Griff zu bekommen...

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