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Deutsche Industrie baut Lager aus - Reaktion auf gestörte Lieferketten

Die deutsche Industrie reagiert mit einer verstärkten Lagerhaltung auf die seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 wiederholt auftretenden Störungen der internationalen Lieferketten. 68 Prozent haben ihre Lager vergrößert, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervorgeht. 65 Prozent haben sich zusätzliche Lieferanten gesucht, während 54 Prozent ihre Lieferketten inzwischen besser als zuvor überwachen.

"Die Unternehmen kämpfen an vielen Fronten, um Lieferkettenunterbrechungen zu vermeiden", sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach. "Die Lieferketten sind komplexer und somit störanfälliger geworden. Kleine Brüche können häufig einen Produktionsausfall verursachen." 38 Prozent der Industriefirmen sortieren daher bestehende Lieferanten um. Nur 13 Prozent erhöhen ihre Fertigungstiefe, stellen also Zulieferteile jetzt selbst her.

Die Ergebnisse unterscheiden sich nach Größe der Firmen: Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) erhöhen ihre Lagerhaltung (73 Prozent), große Unternehmen tun dies etwas weniger (64 Prozent). Großunternehmen suchen sich vor allem neuen Lieferanten (72 Prozent), was bei den KMU nur 55 Prozent tun. Große Firmen überwachen auch ihre Lieferkette stärker als kleine (59 gegen 48 Prozent). Sie schichten auch stärker um zwischen Lieferanten (43 gegen 30 Prozent). Beim Zurückholen von Fertigung ins eigene Unternehmen gibt es dagegen fast keine Unterschiede: Große Unternehmen tun dies zu 14 Prozent, kleine zu zwölf Prozent.

Ifo-Präsident Clemens Fuest erwartet zumindest kurzfristig keine Deindustrialisierung in Deutschland. So schnell könnten Industrien nicht verlagert werden, sagte der Ökonom der Nachrichtenagentur Reuters. Die Frage sei aber, ob Deutschland auch langfristig ein attraktiver Standort bleibe. "Bei den energieintensiven Industrien steht das sicher in Frage. Da verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Standorten." Weitere Belastungen wie Fachkräftemangel und zunehmender Protektionismus kämen noch hinzu. "Daher würde ich das Thema ernst nehmen", sagte Fuest.

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