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Ifo-Präsident Fuest rechnet mit EZB-Zinserhöhungen und milder Rezession

Ifo-Präsident Clemens Fuest rechnet nicht mit einem baldigen Ende der Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). "Die EZB hat noch einen ziemlich weiten Weg vor sich", sagte der Chef des Münchner Instituts am Dienstag in einem Interview mit Reuters TV. "Das ist einfach so, weil sie eben spät angefangen hat." Die Frankfurter Währungshüter müssten daher ihren Leitzins "sicherlich erheblich weiter erhöhen". Bis zu welchem Punkt die EZB dabei gehen müsse, sei allerdings offen und hänge auch von der Entwicklung der Konjunkturdaten abhängig. "Die EZB hat bisher nicht mehr getan, als die Geldpolitik zu normalisiert", sagte Fuest. Bei den rekordhohen Inflationsraten müsse sie aber bremsen. Sie könne dies auch tun, weil die Konjunkturentwicklung nicht so schlecht sei wie befürchtet.

Optimistisch äußerte sich Fuest zu den Aussichten der deutschen Wirtschaft. Könne eine Gasmangellage im Winter verhindert werden, bestehe die Chance auf eine milde Rezession. "Wir sehen auch, das die Industrie doch erstaunlich gut - jedenfalls kurzfristig - mit der Energieknappheit und den hohen Energiekosten zurechtkommt", sagte der Ökonom. "Wir sehen bislang keinen Einbruch in der Industrieproduktion." Ausnahmen bildeten hier die energieintensiven Unternehmen, wie die Glas- und Keramikbranche. "Insgesamt zeugt sich die Wirtschaft doch robuster, als viele erwartet haben", sagte Fuest.

Kurzfristig sei auch keine Deindustrialisierung zu erwarten. So schnell könnten Industrien nicht verlagert werden. Die Frage sei aber, ob Deutschland auch langfristig ein attraktiver Standort bleibe. "Bei den energieintensiven Industrien steht das sicher in Frage. Da verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Standorten." Weitere Belastungen wie Fachkräftemangel und zunehmender Protektionismus kämen noch hinzu. "Daher würde ich das Thema ernst nehmen", sagte Fuest.

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