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Die Chaostage bei Twitter setzen sich fort und nun könnte dem Dienst sogar die Schließung drohen

Sollte es der Plan von Elon Musk gewesen sein, Twitter auf dem schnellsten Weg in den Abgrund zu befördern, dann leistet er dieser Tage hervorragende Arbeit. Der Konzern scheint im Chaos zu versinken und steuert auf immer größere Probleme zu. Vor allem vor Gericht könnte es schon sehr bald brenzlig werden.

So berichtete etwa der Anwalt Chan-jo Jun auf seinem YouTube-Kanal darüber, dass bereits am Donnerstag eine Entscheidung vor dem Landgericht Frankfurt ansteht. Jene betrifft einen Antrag gegenüber Twitter (US90184L1026), bestimmte Inhalte von der Plattform zu entfernen und diese auch in Zukunft nicht mehr auf der eigenen Plattform erscheinen zu lassen. Welche Inhalte genau dies sind, wurde nicht weiter erläutert. Das ist für den Moment aber auch gar nicht weiter wichtig.

Zu normalen Zeiten wäre das Ganze eine recht unspektakuläre Angelegenheit. Doch versinkt Twitter derzeit im Chaos, hat bereits rund die Hälfte der Belegschaft auf die Straße gesetzt und setzt den noch verbliebenen Angestellten die Pistole auf die Brust. Die Moderation dürfte also ziemlich ausgedünnt sein und so stellt sich die Frage, ob der Konzern gerichtlichen Anordnungen im Zweifelsfall überhaupt noch nachkommen kann.

Sollte das nicht der Fall sein und das Landgericht Frankfurt dem eingangs erwähnten Antrag stattgeben, so könnte Twitter im Extremfall die Schließung drohen. Zwar hält Jun selbst ein solches Szenario nicht für besonders wahrscheinlich. Völlig ausgeschlossen ist es aber auch nicht und was bei Twitter derzeit hinter den Kulissen vor sich geht, kann wohl niemand mit Sicherheit sagen. Schön dürfte es dort momentan aber wahrlich nicht zugehen, auch wenn der neue Eigner in Form von Elon Musk sich betont lässig gibt.

Twitter pfeift auf europäisches Recht

Auch von anderer Seite droht Twitter enormer juristischer Gegenwind. Denn in Europa halten die per E-Mail versendeten Kündigungen an hiesige Mitarbeiter keine zwei Sekunden stand. In den USA mag „hire and fire“ gängige Praxis sein. Auf der anderen Seiter des Atlantiks gibt es aber einen Kündigungsschutz und diverse andere Regelungen, welche unter anderem einen triftigen Grund für eine Kündigung und wenigstens zwei Abmahnungen vorsehen. Beides gab es bei den Massenentlassungen bei Twitter nicht.

Betriebsbedingte Kündigungen sind zwar möglich, müssen aber gut begründet werden, was Elon Musk nicht geläufig zu sein scheint. Eine Flut an Klagen dürfte da die logische Konsequenz sein, und eben das dürfte Twitter teuer zu stehen kommen. Dabei hat die Plattform schon jetzt ein eklatantes Ausgabenproblem, während die Werbepartner reihenweise wegbrechen. Kurzum: Twitter steuert derzeit direkt auf eine Katastrophe epochalen Ausmaßes zu und vielleicht ist es da ganz gut, dass die Aktie bereits vom Handel entfernt wurde. Ansonsten würden wir derzeit wohl auf einen noch nie dagewesenen Absturz blicken.

Elon Musk genießt die Show

Man sollte meinen, dass der neue CEO in irgendeiner Weise etwas tut, um den zahllosen Vorwürfen der letzten Tage und Wochen irgendwie zu begegnen. Zumindest öffentlich ist davon aber nichts zu sehen. Stattdessen führt Musk lieber Blitzumfragen durch, um den ehemaligen US-Präsidenten und Verschwörungstheoretiker Donald Trump wieder auf Twitter zuzulassen, obschon der laut eigener Aussage an einer Rückkehr gar kein Interesse hat.

Was bei Twitter als nächstes passiert, steht momentan noch in den Sternen. Elon Musk hat sich aber mit dem Konzern in eine mehr als unbequeme Lage manövriert und es würde schon an ein Wunder grenzen, wenn er bzw. Twitter aus dieser Situation nur halbwegs unbeschadet wieder herauskommen würden. Nun wird Musk so einiges nachgesagt und tatsächlich hat er in der Vergangenheit schon manches Mal für Überraschungen gesorgt. Dass er sich aber nicht über geltendes Recht hinwegsetzen kann, das wurde zuletzt eben durch die Übernahme von Twitter belegt, aus der er sich eigentlich monatelang herauszuwinden versuchte.

21.11.2022 - Matthias Eilenbrock

Der original Artikel wurde auf NTG24 veröffentlicht