NTG24NTG24

Werbekunden wie Amazon und Apple scheinen zu Twitter zurückzukehren, doch die Chaostage sind noch lange nicht vorbei

Obschon Twitter seit der Übernahme von Elon Musk zu einem Sammelsurium an Skurrilitäten verkommen ist und dort auch vermehrt wieder fragwürdige Verschwörungstheorien geteilt werden, scheinen einige wichtige Werbepartner zu der Plattform zurückzukehren. Fraglich ist zum aktuellen Zeitpunkt aber, ob sie auch lange bleiben werden. Denn die nächsten Skandale scheinen bereits in der Mache zu sein.

Nachdem Apple (US0378331005) augenscheinlich seine Werbeaktivitäten bei Twitter (US90184L1026) wieder aufgenommen hat, gibt es nun Berichte, laut denen auch Amazon (US0231351067) zum Kurznachrichtendienst zurückkehren will. 100 Millionen USD jährlich sollen dafür wohl ausgegeben werden. Das wird allerdings an Bedingungen geknüpft. Amazon wünscht sich vor allem eine höhere Sicherheit auf der Plattform, wie „Bloomberg“ zu berichten weiß. Was damit im Detail gemeint ist, ist der bisherigen Berichterstattung leider nicht zu entnehmen. Es ist aber davon auszugehen, dass Amazon und Co. sehr genau hinschauen werden, was bei Twitter in nächster Zeit so passiert.

Dort deuten sich schon wieder allerlei Schlammschlachten und krude Gruselgeschichten an. Am Wochenende etwa wurden nach langer Ankündigung die sogenannten „Twitter-Files“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um interne Dokumente, die angeblich eine Mitwirkung der Regierung bei der Löschung von Tweets rund um den berüchtigten Laptop von Joe Bidens Sohn Hunter Biden. Dummerweise zeigten die veröffentlichten Informationen aber nicht im Ansatz eine derartige Verschwörung. Viel mehr sind Zweifel im Team zu vernehmen und die beschuldigten Demokraten befanden sich zum fraglichen Zeitpunkt ohnehin in der Opposition.

Derartige Details hindern die üblichen Verdächtigen aber natürlich nicht, kräftig gegen die amerikanische Demokratie zu poltern. Nachdem Elon Musk den einen oder anderen Rechtsradikalen bei Twitter wieder freigeschaltet hat, dürfte das auch in einer recht hohen Frequenz passieren. Ex-Präsident Donald Trump fordert derweil die Aufhebung der US-Verfassung und greift die Demokratie damit mal wieder unverhohlen an, wenn auch nicht per Twitter.

Twitter auf dem Weg in eine Katastrophe

Sollte Twitter tatsächlich zu einem Sumpf für Hass und Hetze verkommen, wie es einige Beobachter befürchten, dürften die großen Werbepartner sich früher oder später wieder von der Plattform verabschieden, so diese denn auf Dauer überhaupt Bestand haben wird. Denn nach der Übernahme von Elon Musk und einem hemmungslosen Zusammenstreichen von Stellen ist das Unternehmen längst auch ins Visier der Behörden gekommen.

Kürzlich drohte die EU sogar mit einer Abschaltung, sollte der Dienst hiesige Gesetze nicht einhalten, und das wird mit einem deutlich kleineren Moderationsteam und der Freischaltung vieler zuvor gesperrten Konten nicht unbedingt einfacher werden. Vielleicht erledigt sich das „Problem“ mit der Werbeplattform Twitter für Amazon und Co. also noch ganz von selbst.

Die Börse hat andere Probleme

Wäre die Twitter-Aktie noch handelbar, sie dürfte mittlerweile in den Tiefen des Kurskellers versunken sein. Eher wenig Einfluss nimmt das Drama rund um den Kurznachrichtendienst derweil auf die Aktien von Amazon und Apple. Jene mussten zuletzt wieder leichte bis mittelschwere Rückschläge einstecken, nachdem in den USA überraschend starke Arbeitsmarktdaten veröffentlicht wurden. Solche sprechen eher weniger dafür, dass bei den Zinserhöhungen schon ein baldiges Ende bevorsteht.

Speziell bei Apple plagen die Anleger zudem Lieferengpässe beim iPhone und auch Amazon blickt in eine eher ungewisse Zukunft. Schließlich geht die reale Kaufkraft der Bevölkerung derzeit zurück. Das Weihnachtsgeschäft scheint sich bisher zwar noch gut zu entwickeln. Einige Beobachter fürchten aber, dass der ganz große Einbruch erst im nächsten Jahr bevorstehen wird. Ähnliche Stimmen gab es aber auch bereits für das laufende Jahr zu hören. Es lässt sich wohl nur abwarten, was die nächsten Zahlen offenbaren werden und ob die teils großen Sorgen momentan noch berechtig sind oder mit Verlusten von rund 40 Prozent auf Jahressicht nicht schon die meisten negativen Zukunftsszenarien als eingepreist gelten dürfen.

05.12.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler

Der original Artikel wurde auf NTG24 veröffentlicht