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Die Commerzbank gibt sich auf der Hauptversammlung optimistisch, doch die Aktie wird von Rezessionssorgen eingeholt

Commerzbank zog auf der jüngst veranstalteten Hauptversammlung abermals ein positives Fazit für das vergangene Jahr. Mit 1,4 Milliarden Euro hat das Geldhaus so viel verdient wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Daran hatten sowohl steigende Zinsen als auch der Konzernumbau der vergangenen Jahre ihren Anteil. Das Management will nun alles daran setzen, den Überschuss noch weiter in die Höhe zu treiben.

Zudem gibt es erstmals seit langer Zeit wieder eine Dividende bei der Commerzbank CBK, welche immerhin 20 Cent je Anteilsschein beträgt und heute ausgezahlt werden soll. Zu guter Letzt wurde Jens Weidmann als neuer Aufsichtsratschef bestätigt, und das mit einer überwältigenden Mehrheit. Mit 99,2 Prozent Zustimmung gibt es keinen Zweifel daran, dass auch die Aktionäre mit dem Personalwechsel in der Führungsebene zufrieden sind.

Unter dem Strich klingt all das nach guten Neuigkeiten. Die Commerzbank-Aktie konnte am Mittwoch allerdings nicht profitieren. Stattdessen wurden bestenfalls Kursverluste im Zaum gehalten. Letztlich mussten aber auf einem ohnehin schon eher überschaubaren Niveau Abschläge von 2,25 Prozent beim Aktienkurs verkraftet werden. Per Handelsschluss am Mittwoch landete der Titel so bei nur noch 9,40 Euro.

Rutscht die Commerzbank wieder in die Tiefe?

Das entspricht dem tiefsten Kurs seit knapp vier Wochen und mit dem zu erwartenden Dividendenabschlag könnte der Druck noch einmal zunehmen. Nachdem die Commerzbank-Aktie zuletzt mehrfach daran scheiterte, einen charttechnischen Ausbruch auf die Beine zu stellen, kündigen sich hier wieder eher düstere Tage an. Das liegt vor allem an schwachen Konjunkturdaten und warnenden Worten einiger führender Ökonomen.

Das Gespenst der Rezession ist zurück an den Börsen und sorgt zuverlässig für sinkende Kurse. Besonders die Aktien von Banken sind dabei ein beliebtes Ziel der Bären, und das nicht ohne Grund. Bereits im vergangenen Jahr setzten Rezessionssorgen dem Sektor schwer zu und auch die Commerzbank geriet da enorm unter Druck. Dass sich da manch einer schon frühzeitig von seinen Anteilen verabschiedet, mag voreilig erscheinen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass sich hier niemand die Finger verbrennen möchte.

Zusätzlich zu schwachen Konjunkturdaten aus China, welche hierzulande auf eine Exportschwäche schließen lassen, gibt es dieser Tage auch noch warnende Worte von Experten zum Zustand europäischer Banken. Der wird weiterhin als fragil angesehen, auch wenn im März eine drohende Finanzkrise noch durch diverse Zwangshochzeiten und andere Maßnahmen abgewendet werden konnte. Es hat sich im gestrigen Handel letztlich für die Commerzbank wenig Konkretes ergeben. Doch eine wachsende Anzahl an Sorgen macht den Bullen schwer zu schaffen.

Steht eine Richtungsentscheidung an?

In den nächsten Tagen dürfte es bei der Commerzbank noch einmal richtig spannend werden. Vor dem Wochenende stehen noch Arbeitsmarktdaten aus den USA an, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Signale an die Finanzmärkte aussenden werden. Als positiv ist zu werten, dass die angestrebte Einigung um US-Schuldenstreit in den hiesigen Nachtstunden im Repräsentantenhaus abgenickt wurde. Hier steht nur noch eine Abstimmung im Senat an, worüber sich die Marktakteure aber sehr viel weniger Gedanken machen dürften.

Die Rezessionssorgen werden so schnell aber nicht verschwinden und es steht aktuell die Vermutung im Raum, dass auf DAX und Co nach dem Höhenflug der letzten Monate im zweiten Halbjahr ein böses Erwachen warten könnte. Dem hat die Commerzbank nur wenig entgegenzusetzen und nach verpassten Chancen in der Charttechnik könnte der Druck von oben da durchaus zunehmen. Dass Analysten die Aktie weiterhin für dezent unterbewertet halten, ist maximal ein schwacher Trost. Ängste mögen an den Börsen oft übertrieben erscheinen, doch einstellen müssen die Anleger sich dennoch auf einige Tumulte, wenn die Sorgenfalten auf der Stirn der Marktakteure sich wieder mehren.

01.06.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler