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Für Volkswagen ist China von enormer Bedeutung und so spricht der Konzern sich für einen politisch nicht allzu harten Kurs aus

Von Menschenrechtsverletzungen über ein aggressives Verhalten gegenüber Taiwan bis hin zum schwer autoritären Regime, welches Freiheiten der eigenen Bevölkerung stark einschränkt – es gibt für westliche Nationen viele gute Gründe, um künftig mit China vorsichtiger umzugehen. Auch die Bundesregierung ist gerade dabei, eine neue Strategie im Umgang mit der zweitgrößten Volkswirtschaft auf dem Planeten auszuklabüstern.

Das bekommen freilich auch Unternehmen mit, die im Reich der Mitte gute Geschäfte machen. Unter anderem warnte nun Volkswagen VOW davor, in der Chinapolitik zu harsch vorzugehen. Wie die „FAZ“ berichtet, ist Volkswagen-China-Chef Ralf Brandstätter der Ansicht, dass man seine Position in China nicht absichtlich aus politischen Gründen schwächen solle. Statt auf Sanktionen oder ähnlich drastische Maßnahmen gegenüber Peking setzt der VW-Manager vor allem auf Kommunikation.

Zur Besonnenheit ruft Brandstätter etwa auf, wenn es um die Taiwan-Frage geht. Dabei gesteht er unverhohlen ein, dass ein Konflikt um die Insel Volkswagen hart treffen und unvorhersehbare Folgen nach sich ziehen würde. Eben deshalb ist der Konzern auch sehr an einer diplomatischen Lösung interessiert und es gebe Anzeichen dafür, dass beide Seiten momentan mehr an einer Entspannung der Lage als an einer weiteren Eskalation interessiert seien. Experten zufolge dürfte hier auch die anhaltende Unterstützung der NATO-Länder für die Ukraine eine Rolle spielen. Aufgrund der kaum vorhandenen Fortschritte von Russland im Nachbarland könnte Peking sich noch sehr genau überlegen, ob eine kriegerische Auseinandersetzung sinnvoll ist oder nicht.

Abseits vom Säbelrasseln ging Brandstätter auch auf Vorwürfe rund um Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang ein. Dort betreibt der Wolfsburger Konzern ein großes Werk, in welchem unter anderem auch die unterdrückte uigurische Minderheit Arbeitsplätze findet. Dem VW-Manager zufolge gebe es dabei keinerlei Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen. Im Februar will der China-Chef das Werk besuchen und dort nach dem Rechten sehen.

Es geht um viel für Volkswagen

Es ist letztlich nachvollziehbar, dass China sich für ein gesundes politisches Verhältnis zwischen dem Westen und China einsetzt. Denn auch wenn das Geschäft mit Elektroautos für die Wolfsburger in Fernost noch etwas schwächelt, so handelt es sich dennoch um den mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt. In Peking soll mittelfristig sogar eine Art zweites globales Hauptquartier entstehen. Das unterstreicht sehr deutlich, wie ernst Volkswagen es mit seinen dortigen Geschäften meint.

Statt sich prophylaktisch aufgrund sich abzeichnender politischer Auseinandersetzungen zurückzuziehen, baut Volkswagen seine Aktivitäten in China also weiter aus, was aus Anlegersicht durchaus nicht verkehrt sein dürfte. Schließlich sind die Wachstumschancen in westlichen Gefilden eher überschaubar, während in China das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Nicht unwesentliche Teile der Bevölkerung geraten erst jetzt überhaupt in die wirtschaftliche Lage, sich ein Auto leisten zu können.

Turbulente Zeiten voraus

Für den Moment drohen Volkswagen in China aber weitere Turbulenzen, und das ganz ohne Einflussnahme von westlichen Politikern. Das Land steht noch immer voll und ganz im Zeichen von Corona. Nachdem die Zero-Covid-Politik aufgegeben wurde, wütet das Virus in dem Land derzeit ungehindert, und das bei einer nur rudimentär geimpften Bevölkerung. Die Folgen sind drastisch, Medien berichteten in den letzten Wochen über hunderte Millionen Neuansteckungen innerhalb von Tagen.

Nachdem zuvor Lockdowns die Produktion belasteten, sind es nun die hohen Krankenstände, welche bei Volkswagen und Co. für Probleme sorgen. Eben deshalb hält der Konzern sich mit einer Absatzprognose auch noch zurück. Das Ziel ist aber in jedem Fall, im Reich der Mitte künftig noch stärker aufzutreten und auch der immer stärkeren heimischen Konkurrenz die Stirn bieten zu können. Mit einer starken Präsenz in China dürfte Volkswagen die Aktionäre schwer erfreuen. Doch trotz unmissverständlicher Absichtserklärungen in diese Richtung ist die Sache natürlich kein Selbstläufer.

17.01.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler