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Indonesien könnte Spannungen am Kohlemarkt lindern – Vale und BHP im Blick

Die anhaltende Eskalation zwischen dem Westen und Russland hat zu bedeutenden Turbulenzen an den Rohstoff- und Devisenmärkten geführt. Dabei erhöhen am Kohlemarkt die Sanktionen gegen Russland die Bedeutung Indonesiens. Das Land hat gute Voraussetzungen, daraus politisches wie ökonomisches Kapital zu schlagen, da die sanktionierenden Länder alternative Bezugsquellen suchen. Im Zuge dessen könnten sich auch große Kohleunternehmen wie Vale und BHP von den derzeit scharf korrigierenden Rohstoffpreisen erholen.

Indonesien gewinnt auf dem internationalen Kohlemarkt an strategischer Bedeutung. Zuletzt hatten wir mit Blick auf den Weltmarkt für Kohle in unserem Beitrag ,,Indonesien verstärkt Turbulenzen am Kohlemarkt‘‘ vom 07.01.2022 auf den wachsenden Einfluss Indonesiens hingewiesen. Dabei gilt dies nicht nur für Kohle, sondern auch für weitere Rohstoffe, bei denen das Land ein bedeutender Lieferant ist wie etwa bei Nickel, für das Indonesien die weltgrößte Förderung aufweist.

Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und die darauffolgende Eskalationsspirale von Sanktionen und Gegensanktionen hat sich die Versorgungslage für den Weltmarkt in mehrfacher Hinsicht drastisch geändert. Zum einen sorgen immer noch anhaltende Lieferkettenstörungen für Verzögerungen bei der Abwicklung des weltweiten Warentransports. Die explodierenden Energiepreise belasten zudem über die steigenden Transportkosten diese zusätzlich. Und als wäre dies nicht schon genug Ballast, so sorgen politische Interventionen in die Nachfrage und das Angebot von Rohstoffen, Waren und Devisen für eine gestörte Abwicklung des Welthandels.

Die eine auf eine höhere Wertschöpfung im Inland gerichtete Außenwirtschaftspolitik Indonesiens hat mit der jüngsten Entwicklung neue Spielräume erhalten und will diese nun anscheinend auch nutzen.

Denn das Land, auch weltgrößter Exporteur von Kraftwerkskohle, wird seine Produktion erhöhen können, um die Nachfrage der Länder zu decken, die ihre Lieferungen aus Russland verloren haben, teilte das indonesische Energieministerium gestern mit.

Damit könnten indonesische Kohleexporte einen Teil der Versorgungslücke schließen, welche durch die Sanktionen des Westens gegen russische Kohle entstanden ist. Der Aufwärtsdruck beim Kohlefuture vermittelt dabei ein Gefühl für den politischen Druck, der durch die Sanktionen weltweit aufgebaut wird.

Dies macht ein Blick auf die Entwicklung des Kohle-Futures für den Preis des nächstfälligen Kohlefuture-Kontraktes an der ICE deutlich. Dieser lag am 07.01.2022 noch bei 143,50 Dollar, nachdem er Anfang Oktober 2021 bereits die Marke von 280 Dollar je Tonne erreicht hatte. Inzwischen und mehrere Drehungen an der Sanktionsschraube später steht der Kontrakt aktuell bei 395 Dollar.

Der Ausbruch des Preises im Oktober 2021 über sein bis dahin geltendes 15-Jahre-Hoch vom Juli 2008 war demzufolge kein Fehlsignal. Stattdessen war der starke Abfall des Preises danach bis Anfang Januar 2022 ein massives Fehlsignal nach unten und damit eine klassische Bärenfalle!

Gleiches könnte nun mustertechnisch für den nächsten starken Aufwärtsimpuls gelten, der ab Ende Februar 2022 den Preis nach oben trieb. Denn sollte Deutschland über Nordstream 1 nach dem 22.07.2022 kein russisches Gas mehr importieren, dürfte nicht nur der Spot-Preis für Gas in Europa in die Höhe schießen, sondern auch der für die relativen Substitute (Kohle etc.)

Kohle-Future auf TradingView

Vor diesem Hintergrund könnte sich der scharfe Korrekturimpuls bei großen Kohleförderern wie Vale (BRVALEACNOR0) oder BHP (GB00BH0P3Z91) im Laufe des Monats deutlich abschwächen.

Und was ist das Fazit?

Die jüngste Verhärtung der Beziehungen des Westens zu Russland hat in Europa zu einem massiven Energiemangel geführt. Damit einher geht die Suche nach Bezugsalternativen für Energierohstoffe wie auch Heizkohle. Diese Entwicklung verbessert perspektivisch die Aussichten indonesischer Außenwirtschaftspolitik, da die Bedeutung des Landes als alternative Bezugsquelle von Heizkohle deutlich angestiegen ist.

Die steigenden Preise für Energierohstoffe, welche derzeit von Sorgen über einen Konjunktureinbruch überkompensiert werden, erhöhen dabei den ökonomischen Wert der Lagerstätten großer Kohleförderer wie Vale und BHP.

Gleichzeitig steigt aber insbesondere in Europa das Risiko, dass sich Europa ökonomisch stranguliert. Wo die Schwelle zu politischen und sozialen Turbulenzen liegt, dürfte dabei zwar länderspezifisch sein. Dass aber viele Länder nicht mehr weit davon entfernt sein dürften, ist wohl mehr als reine Spekulation.

Damit ist die Entwicklung des Preises für Kohlefuture auch ein Indikator für die Zerreißprobe insgesamt, denen sich die Staaten und Gesellschaften im Allgemeinen sowie die Güter- und Finanzmärkte im Besonderen aktuell gegenübersehen.

14.07.2022 - Arndt Kümpel

Der original Artikel wurde auf NTG24 veröffentlicht