August und September gelten als die schwächsten Börsenmonate des Jahres. Da es im Spätsommer oft zu Turbulenzen kommt, soll die sogenannte Sell-in-Summer-Strategie Abhilfe schaffen. Nach der Devise "meide die kritische Phase" wird am letzten Handelstag im Juli alles verkauft. Der Wiedereinstieg erfolgt am ersten Handelstag im Oktober, dessen schlechter Ruf sich nicht durch historisches Datenmaterial belegen lässt.
Dummerweise hat der Sell-in-Summer-Ansatz in den zurückliegenden Jahren nur selten funktioniert. Auch wenn die Schwächephase der Märkte Ende Juli darauf hindeutet, dass es in diesem Jahr wieder einmal funktionieren könnte, gibt es keine Garantie, dass die Sommergewitter tatsächlich bis Ende September anhalten. Die Notenbanken fluten die Märkte unablässig mit Geld, die Stimmung kann jederzeit wieder drehen.
Die Alternative des Profis
Der ehemalige Fondsmanager André Stagge hat ein System entwickelt, das mehr Flexibilität verspricht als die starre zweimonatige Börsenabstinenz. "Sommerloch short" nennt der Börsenprofi diesen Ansatz, der darauf abzielt, nur wenige Tage mit Leerverkäufen oder Derivaten auf fallende Kurse zu setzen. Dabei macht sich Stagge die Verfallstage am Optionsmarkt zunutze. An jedem dritten Freitag im Monat ist kleiner, alle drei Monate großer Verfallstermin. Das bedeutet, dass um 13 Uhr die Optionen auf den DAX auslaufen. Optionen auf die Einzelaktien aus dem deutschen Leitindex werden um 17.30 Uhr abgerechnet.
Wie Stagge in seiner Zeit im Fondsmanagement gelernt hat, arbeiten institutionelle Investoren mit Call-Optionen, um eine sogenannte Stillhalterprämie zu kassieren, die ihre Performance aufpeppt. Ein Teil dieser Stillhaltergeschäfte wird durch Long-Positionen in Futures abgesichert. Laufen nun die Optionen am dritten Freitag eines Monats aus, werden die Futures-Positionen verkauft, da die Absicherung nicht mehr nötig ist. Dadurch entsteht ein Überangebot an Futures, weshalb sich die Kurse rund um die Verfallstermine tendenziell nach unten bewegen. Dieser Effekt lässt sich an vielen Aktienmärkten beobachten, etwa im US-amerikanischen S & P-500-Index oder im österreichischen ATX. Besonders stark ist er jedoch im DAX.
Rein am 20., raus am 24.Stagges System beruht darauf, zur Eröffnung am 20. Kalendertag eines Monats "short zu gehen", wie es in der Fachsprache heißt. Das heißt, er wettet mit Futures und Optionen auf fallende Kurse. Wer als Privatanleger keinen Zugang zum Terminmarkt hat, kann die Strategie mit Optionsscheinen oder anderen gehebelten Produkten nachbilden (Beispiele finden Sie in der Tabelle). Wenn die Spekulation nicht aufgeht, kann am Ende allerdings der Totalverlust stehen. Anleger sind deshalb gut beraten, zumindest am Anfang mit moderaten Hebeln zu arbeiten oder nur ein wenig Spielgeld einzusetzen. Die Position wird bis zum Ende des 24. Kalendertags gehalten. "Damit sind wir also maximal fünf Kalendertage und vier Nächte short im DAX positioniert", erklärt Stagge.
Auch für den Fall, dass die Börsen am Ein- oder Ausstiegstermin geschlossen sind, hat der ehemalige Fondsmanager klare Regeln: Sollte der 20. auf einen Feiertag oder ein Wochenende fallen, verschiebt sich der Einstieg auf den nächsten Handelstag. Ist die Börse am 24. zu, wird die Position bereits am vorherigen Handelstag geschlossen.
Wichtig: Diese Strategie wird nicht in allen Monaten des Jahres umgesetzt, sondern höchstens fünfmal - von Mai bis September. Der Grund dafür ist laut Stagge, "dass die Methode darauf abzielt, die klassischen Sommerlochmonate auszunutzen, in denen der Markt tendenziell schwächer ist als im übrigen Jahresverlauf".
Eine Garantie, dass die Mechanik immer funktioniert, gibt es - wie bei allen Börsenstrategien - nicht, räumt Stagge ein. "Im Durchschnitt und über längere Zeit ist dieses Muster aber existent."