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Ökonomen zu den deutschen Exporten und Industrieaufträgen

Die deutschen Exporte sind im März wegen der guten Nachfrage aus den USA und China überraschend stark gestiegen. Sie erhöhten sich um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 134,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 0,4 Prozent gerechnet. Dagegen sanken die Industrieaufträge im März überraschend den dritten Monat in Folge. In ersten Reaktionen hieß es dazu:

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:

"Die deutsche Wirtschaft ist auf einem fragilen Erholungskurs. Das macht das heutige Zahlenmaterial nochmals deutlich. Die industrieabhängige deutsche Wirtschaft benötigt für einen nachhaltigen Aufschwung vor allem mehr Aufträge. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt es beim Ritt auf der Rasierklinge zwischen einem leichten Wachstum und einem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Gut ist derweil, dass die schwache Auftragslage bislang keine deutlichen Spuren am Arbeitsmarkt hinterließ. Positiv wirkt auch, dass sich die Situation bei Gas, Strom & Co. entspannt hat, so dass zumindest die energieintensive Produktion wieder etwas hochfährt. Die Situation bleibt in Anbetracht der dürften Auftragsentwicklung aber insgesamt sehr fragil."

JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:

"Nachdem die Auftragseingänge ohne die schwankungsanfälligen Großaufträge in den letzten Monaten deutlich gefallen waren, haben sie sich im März nicht nennenswert erholt. Das stimmt nachdenklich und spricht gegen ein merkliches Plus beim Bruttoinlandsprodukt bereits im zweiten Quartal. Die wieder positiveren Stimmungsindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima sollten sich erst ab der Jahresmitte in einer Erholung der Wirtschaft niederschlagen, die aber wegen der jahrelangen Erosion der Standortqualität nur moderat ausfallen dürfte."

JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:

"Nach den zuletzt überwiegend positiven Überraschungen nun also wieder ein Rückschlag für die Neuaufträge. Sogar gleich doppelt, weil der Vormonat deutlich nach unten revidiert wurde. Man sieht daran, wie geschwächt die Industriekonjunktur weiterhin ist. Erfreulich hingegen die Verbesserung der Handelsbilanz. Es wird wohl am Ende auch dieses Mal der Außenhandel sein, der die Konjunktur zuerst beflügelt. Daran sieht man zudem, wie wichtig die internationale Wettbewerbsfähigkeit für den Standort Deutschland ist."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Die Auftragslage holt Konjunkturoptimisten auf den Boden der Tatsachen zurück. Klar unter dem Niveau von 2016 und rückläufig zum Vorjahr lauten die Fakten. Dass ohne Großaufträge ein kleines Plus herausgekommen ist, macht es nicht besser. Für die Produktion besteht damit weiterhin eine lethargische Vorgabe. Auch wegen der schwachen Weltwirtschaft und Wettbewerbsnachteilen dürfte das vorläufig so bleiben. Für das Zünden eines Konjunkturfunkens ist auch die Bundesregierung gefragt. Die Exporte halten ein ansprechendes Niveau. Letztlich sind es aber auch die Importe, die die Handelsbilanz aufhübschen. Stand jetzt wird der Außenhandel im laufenden Quartal weiter für Wachstumsimpulse sorgen."

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